Hannover 96 – SpVgg Greuther Fürth – Für Niko Gießelmann wird es eine ganz besondere Partie

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Nach dem euphorischen Start auf dem Betzenberg (4:0) am letzten Freitag, steht am kommenden Sonntag um 13:30 die Saisonpremiere vor heimischem Publikum an. 28.000 Tickets sind laut Hannover 96 bereits für das Match mit der SpVgg Greuther Fürth abgesetzt worden. Eine Kulisse von über 30.000 Zuschauern in der HDI-Arena kann also erwartet werden. Es wäre ein guter Zuschauerschnitt zu Beginn, bei einem Gegner, der zwar ebenfalls beachtlich gut in die Saison gestartet ist (1:0 gegen TSV 1860 München), aber sonst nicht all zuviel sportliche und äußere Strahlkraft mitbringt. Umso schöner, dass viele Zuschauer trotzdem den Weg ins Stadion finden werden, um die Roten weiter Richtung Wiederaufstieg zu pushen.

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Rien ne va plus 96? – Nichts geht mehr im Abstiegskampf?

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Fußball ist ein Glücksspiel ähnlich wie Roulette! Mal gewinnt man, mal verlieren die anderen. Oder um es im Jargon der Roten treffend auszudrücken: „Mal verliert man, mal gewinnen die anderen“!

Dabei hat man in der Winterpause bereits alles auf vollen Einsatz gefahren: Ein neues Trainerteam um Thomas Schaaf installiert, sechs Neuzugänge präsentiert und spielerische und taktische Änderungen an der Mannschaft vorgenommen. Der Einsatz schien gemacht, um das Spiel „Abstiegskampf“ erfolgreich und hoffnungsvoll anzugehen. Doch nach vier gespielten Partien ist Hannover 96 weit davon entfernt, das „Spiel zu machen“. Es stehen keine Punkte auf der Habenseite, das Trainerteam wirkt ratlos und die Mannschaft komplett verunsichert. Rien ne va plus 96? – Nichts geht mehr im Abstiegskampf?

Trainereffekt bereits nach vier Spieltagen verblasst?

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Ein neuer Coach an der Seitenlinie kann ungeahnte Kräfte freisetzen, bringt neuen Schwung in die Mannschaft und motiviert die Spieler von Neuem, belebt den Konkurrenzkampf um die erste Elf, wendet andere spielerische und taktische Konzepte an, um das Maximum aus seinen Mannen herauszuholen. All dies ist Thomas Schaaf nach vier Spieltagen als Cheftrainer von Hannover 96 bisher nicht gelungen.

Der Wechsel des Spielsystems vom 4-2-3-1 auf das 4-4-2 mit Raute ist fehlgeschlagen. Die Roten besitzen keine Spieler für das favorisierte Spielsystem des Trainers. Manuel Schmiedebach ist kein offensiver Mittelfeldspieler, welcher die Fäden im Zentrum zieht, sondern eher ein klassischer, defensiver 6er. Er wirkt auf der Position des „Zehners“ unbeholfen und kann nicht die gewünschte Belebung des Offensivspiels umsetzen.

Ähnlich sieht es auch mit Hotaru Yamaguchi und Salif Sane aus. Beide sind auf der rechten Seite der Raute komplett deplatziert. Der Japaner wirkte in der Partie gegen Mainz 05 von der ersten Minute an absolut überfordert und musste folgerichtig für Salif Sane nach 35 Minuten weichen. Doch auch dem Senegalesen ist trotz hohem und bemühten Einsatz der Frust anzuerkennen. Muss er auf der ungewohnten Position ein sehr hohes Laufpensum abrufen und kann seine defensiven Qualitäten im Zweikampf auf dieser Position nur selten erfolgreich ausspielen.

Das Ergebnis der Anwendung eines Spielsystems für welches nicht die geeigneten Akteure zur Verfügung stehen, konnte man gegen Mainz 05 sehr gut bestaunen. Weder spielerisch, noch taktisch gelang Hannover 96 überhaupt irgendetwas! Schlimmer noch, wirkte das Team weitaus verunsicherter als in der Hinrunde. Das absolute Chaos regierte auf dem Platz und zeigte sich nicht nur im völlig verdienten 0:1 durch den Mainzer Jairo, sondern in der absolut bezeichnenden Szene des Spiels, als sich Bech und Yamaguchi nahe des Mittelkreises gegenseitig umrempelten.

Als Konsequenz von diesem Horror-Auftritt müsste der Trainer das Spielsystem unbedingt wieder abändern. Vergleichbare taktische und spielsystematische Fehler unterlagen bereits den Schaaf-Vorgängern Tayfun Korkut und Mirko Slomka. Insbesondere Ersterer wollte seine Elf auf Ballbesitz orientierte Spielweise trimmen, was ihm leider letztendlich den Job kosten sollte. Es geht im Abstiegskampf nicht um spielerische Finesse, sondern um eine grundlegende defensive und offensive Grundordnung, auf deren Stabilität jedes noch so kleine Erfolgsergebnis aufgebaut werden muss.

Sechs neue und nichts hat sich verändert – Die Neuzugänge sind keine Verstärkungen!

Sechs Mal präsentierte sich Geschäftsführer Martin Bader mitsamt Trikot und sechs neuen Akteuren vor der Presse. Bisher konnte sich keiner der verpflichteten Spieler als vollumfängliche Verstärkung erweisen.

Debütant Alexander Milosevic lieferte eine souveräne Premiere in der Innenverteidigung neben Christian Schulz. Er wirkte sicher auf seiner Position und konnte Abgang Marcelo zumindest eins zu eins ersetzen. Ein weiteres Fazit zu seinen Leistungen ist fairerweise noch nicht möglich.

Das Sturmduo um Hugo Almeida und Adam Szalai agiert ineffektiv. Beide wirken zwar stets bemüht, aber die Durchschlagskraft im Sturm fehlt vollkommen. Almeida konnte zwar bereits in seinem ersten Spiel ein Treffer für die Roten erzielen, blieb aber ansonsten blass. Gegen Mainz lieferte er eine ganz schwache Partie, tauchte im Spiel ab und fällte mit dem Ball am Fuß zu viele falsche Entscheidungen. Die wenig guten Torgelegenheiten vergibt er leichtfertig.

Adam Szalai arbeitet viel für die Mannschaft und ruft dabei ein hohes Laufpensum ab. Jedoch wirkt dieses Bemühen wie brotlose Kunst. Auch er konnte bisher kein Tor für 96 erzielen oder vorbereiten. Dem Ungar fehlen die Erfolgserlebnisse, da er auch schon in Hoffenheim seit über einem Jahr ohne Torerfolg blieb.

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Für den japanischen Nationalspieler Hotaru Yamaguchi scheint die Bundesliga noch zu groß zu sein. Der Neuzugang von Cerezo Osaka konnte in seinen bisherigen Bundesligaminuten kein Argument lieferen, warum Hannover 96 etwa 1,5 Millionen € für ihn nach Japan überwiesen hat. Er ist nicht gedankensschnell genug in seinen Aktionen und die Defensivarbeit in der Rückwärtsbewegung lässt zu wünschen übrig. Dies musste auch sein Nationalmannschaftskammerad Hiroki Sakai am Samstag leidlich erfahren, welchen er bezüglich der Defensivarbeit auf der rechten Seite sträflich alleine ließ. Negativer Höhepunkt seines desaströsen Heimdebüts war der Zusammenprall mit Uffe Bech Nahe des Mittelkreises. Kurz danach war für den 24-fachen Nationalspieler bereits schluss. Yamaguchi ist ursprünglich im defensiven Mittelfeld zu Hause, sodass man sein eher unglückliches Auftreten damit entschuldigen könnte, dass er nicht auf seiner angestammten Position gespielt hat. Doch weit gefehlt, Yamaguchi hat alternativ schon 44 Spiele auf der rechten Seite absolviert. Dies verrät auch die Statistik von transfermarkt.de. Mag der erfahrende Japaner noch so motiviert und bemüht im Training agieren, sind seine bisherigen Pflichtspieleindrücke doch sehr enttäuschend und bundesligauntauglich.

Aufgrund von Verletzungen konnte sich der junge Neuzugang Marius Wolf vom TSV 1860 München noch nicht präsentieren. Von einem erst 20-Jährigen Spieler aus der zweiten Liga kann man natürlich nicht sofort irgendwelche Wunderdinge erwarten. Dennoch sind die Hoffnungen auf den Linksaussen aufgrund der zuletzt schwachen Leistungen der verbliebenden Mittelfeldkräfte äußerst groß. Man wird sehen, wie sich der Bundesligadebütant in den verbleibenden Wochen in Szene setzen wird.

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Die größte Enttäuschung und das zugleich größte Fragezeichen steht hinter der Verpflichtung von Iver Fossum. Das 19-Jährige Talent aus Norwegen wechselte mit herausragenden Kritiken vieler Fachmänner und sensationellen statistischen Werten in die Bundesliga. Doch von all den Lobeshymnen ist bisher wenig zu sehen. Fossum spielte nicht eine Minute für Hannover 96 und schaffte es überhaupt erst ein Mal  in den Spieltagskader bei der Partie gegen Bayer 04 Leverkusen. Obwohl er als Kiyotake Ersatz eingekauft wurde, spielt er trotz der Verletzung der Nummer Zehn keine Rolle. Thomas Schaaf berücksichtigt für ihn lieber den positionsfremden Manuel Schmiedebach, was einem zu denken gibt.

Ist Fossum in aktueller Verfassung zu schwach für die erste Elf oder hinterlässt Schmiedebach doch deutlich bessere Eindrücke im Training? Warum verpflichtet man dann ein junges Talent im Abstiegskampf, wenn man eigentlich berücksichtigen müsste, dass dieser sich erst an die neue Umgebung und das höhere, spielerische Niveau gewöhnen muss? Ein absolut fragwürdiger Transfer zu diesem Zeitpunkt, da Hannover 96 durch eben den Ausfall von Kiyotake eine sofortige Hilfe im offensiven Mittelfeld benötigt und die Verpflichtung mit einer Ablösesumme von gut 2.000.000€ auch relativ hoch ist. Für diese Summe hätte man doch besser einkaufen können! Was bleibt ist aktuell ein sehr talentierter Kicker im Kader, der allerdings Frust schiebt und den Roten bei der Mission Klassenerhalt nicht weiterhelfen kann. Eine absolute lose-lose-situation für beide Seiten!

Die Konkurrenz spielt nicht mit! – Darmstadt, Ingolstadt & Co. punkten

Die Roten verlieren Spiel um Spiel und die Konkurrenz in der Nähe der Abstiegsregion lässt gleichzeitig nichts liegen! Konnte man sich in der letzten Saison noch darauf verlassen, dass die Mitkonkurrenten VFB Stuttgart, Hamburger SV und der SC Paderborn im Tabellenkeller auch regelmäßig Punkte lassen und sich damit der Punkteabstand etweder gar nicht oder nur marginal ändert, ist dies aktuell nicht mehr der Fall.

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Der VFB Stuttgart hat sich mit fünf Siegen aus sechs Partien unter der Verantwortung von Jürgen Kramny aus der Abstiegsregion verabschiedet. Aufsteiger SV Darmstadt hat bereits zehn Punkte Abstand auf 96 und in beiden Partien gegen Hannover gepunktet. Leicht besser sieht es sogar bei den Oberbayern vom FC Ingolstadt aus, welche mit 26 Punkten in Richtung Klassenerhalt marschieren.

Alle genannten Mannschaften werden nicht mehr allzu viele Punkte bis zum 34. Spieltag liegen lassen bzw. muss 96 den bisherigen Abstand zu den Konkurrenten erst einmal aufholen, was Stand 21. Spieltag schon zum Ding der Unmöglichkeit avanciert. Verbleiben nur die unmittelbaren Konkurrenten Hoffenheim und Bremen, sowie die noch punktetechnisch erreichbaren Frankurter und Augsburger! Gegen diese Konkurrenten muss Hannover 96 gewinnen, damit eine Aufholjagd noch im Rahmen des möglichen verbleibt. Aber letztlich kann man sich nie darauf verlassen, dass eines der Kellerkinder nicht doch noch überraschend bei den Teams im oberen Tabellengefilde Zähler mitnimmt und damit jeden Versuch einer Aufholjagd zunichte macht. Die Konkurrenz wird also nicht immer mitspielen bei der Mission Ligaverbleib, aber wird es dann trotzdem noch reichen?

Rien ne va plus 96 – Nichts geht mehr im Abstiegskampf

Es scheint als ob alle Einsätze am Roulettetisch bereits frühzeitig getätigt worden sind und dabei kein Erfolg am Spieltisch zu erwarten ist. Der Trainereffekt ist sehr schnell verblasst. Die Spieler wirken aufgrund einer neuen spielerischen und taktischen Marschroute komplett verunsichert. Die Neuzugänge verbessern das Team nicht nachhaltig. Entweder sind sie zu schwach, zu unerfahren oder verletzt. Wenn nichts mehr hilft, dann hilft wenigstens die Konkurrenz? Weit gefehlt! Stuttgart, Darmstadt und Ingolstadt punkten. Augsburg und Frankfurt sind bereits auf sieben Punkte enteilt und gegen diese Mannschaften muss die Truppe von Trainer Thomas Schaaf erst selbst erfolgreich sein, um an das rettende Ufer Platz 15 überhaupt heran zu kommen. Dabei lässt sich nie ganz ausschließen, dass die genannten Clubs auch selbst überraschend gegen stärke Teams überzeugen und Zähler einsammeln.

Und so würde ein Croupier am Roulettetisch in dieser Situation zu den Verantwortlichen von Hannover 96 sagen: „Rien ne va plus – Nichts geht mehr im Abstiegskampf“

Danke, Jan Schlaudraff!

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18.08.2011 – Ein schöner, warmer Sommertag im August, 18-24 °c klar. Der DAX im Sturzflug. Papst Benedikt XVI spendet an diesem Tag seinen Segen in der spanischen Hauptstadt Madrid. Der ehemalige Bahnchef Hartmut Mehdorn übernimmt bei der kriselnden Fluggesellschaft Air Berlin das Zepter. Und Hannover 96 trifft am Abend in der noch damaligen AWD-Arena im Play-off Hinspiel der Uefa Europa League auf den Sieger dieses Wettbewerbs der Jahre 2006 und 2007, den hochfavorisierten Südspaniern vom FC Sevilla.

Das Stadion ist schon seit Wochen mit der Mindestkapazität von 44.000 Zuschauern für europäische Spiele restlos ausverkauft. Wenig verwunderlich, da Hannover 96 nach 19 Jahren wieder auf die internationale Bühne zurückkehrt. Es ist ein großer und unvergesslicher Abend für die Stadt Hannover, die Fans und die Mannschaft von Hannover 96. Aber es ist auch der große Abend von Jan Schlaudraff im Dress der Roten.

Der damals 28-jährige Schlaudraff drückt dieser unvergesslichen Partie ganz besonders seinen Stempel auf. Begleitet von einer euphorischen und nie mehr getoppten Stimmung im liebevoll genannten Niedersachsenstadion gelingt der Nummer 13 bereits in der sechsten Minute der Führungstreffer. Eingeleitet durch einen langen Ball von Sergio Pinto aus der eigenen Hälfte auf jenen Schlaudraff, wird das lange Anspiel vom späteren Leverkusener und heutigen Hamburger Emir Spahic nur unzureichend geklärt. Der mitgelaufende Mohammed Abdellaoue kommt an den Ball, reagiert schnell und leitet das Spielgerät sofort in den Lauf des in den Strafraum stürmenden Schlaudraff weiter, der freistehend und unglaublich abgezockt per linken Außenrist in die kurze Ecke zum 1:0 verwandelt. Das Stadion gleicht einem Tollhaus und ist kurz vorm Abheben in eine neue Hemisphäre!

Nach dem zwischenzeitlichen 1:1 in der 37. Minute durch Frédéric Kanouté, folgte kurz vor dem Pausentee der zweite Geniestreich von „Schlauffi“. Wieder ist es der unermüdliche Pinto, der mit einem kurzen Pass den energischen Antritt von Jan Schlaudraff an der linken Außenbahn einleitet. Im Duo mit Manuel Schmiedebach spielen diese im Hauch weniger Sekunden Katz & Maus mit der Defensive der Südspanier. Schlaudraff auf Schmiedebach, der in gekonnter Doppelpassmanier gleich weiter gesteckt auf den in den Strafraum eindringenden Initiator, welcher erneut gekonnt den Ball direkt Volley mit dem rechten Außenrist ins lange Eck bugsiert. Ein Wahnsinnstreffer! Unglaublich und enorm wichtig zur 2:1 Führung zur Pause und dem schließlichen Endergebnis im Hinspiel.

Ein großer Europapokal Abend in Hannover findet einen traumhaften Abschluss und der Meilenstein für eine sensationelle Saison in der Europa League war gelegt. Vor allem eben durch den Zeremonienmeister dieses Abends: Jan Schlaudraff oder wie ZDF-Kommentator Thomas Wark an diesem Abend treffend nach seinem zweiten Führungstor titelte: „Nie war Schlaudraff so wertvoll“


Der Wechsel zu Hannover 96 und seine Spielstationen davor

Zum 01.07.2008 unterschrieb Jan Schlaudraff einen Dreijahresvertrag bei Hannover 96. Er wechselte für eine kolportierte Ablösesumme von 2,00 Mio. € vom FC Bayern München zu den Roten. Beim Rekordmeister durchlebte er zuvor ein schwieriges Jahr, welches durch Verletzungen und sehr starker Konkurrenz im Kader gekennzeichnet gewesen ist. Aufgrund der desaströsen Saison der Münchener und dem vierten Platz in der Liga, wurde der Kader mit millionenschweren Zukäufen wie Luca Toni, Miroslav Klose und Franck Ribery verstärkt. Dabei konnte der frisch gebackene Nationalspieler bei seinem Wechsel zu den Münchnern noch nicht mit dieser fast schon unüberwindbaren Konkurrenzsituation rechnen, da diese Spieler zum Stichtag seiner Vertragsunterschrift noch nicht an den FC Bayern gebunden waren. Er wiederum entschied sich seinerseits schon im Januar 2007 zu einem Wechsel zum Rekordmeister aus der bayerischen Landeshauptstadt.

Dies brachte ihm zeitgleich großen Ärger bei seinem damaligen Arbeitgeber Alemannia Aachen ein, wo Schlaudraff danach zunehmend nicht mehr von Coach Michael Frontzeck berücksichtigt wurde und schlußendlich gar mit seinem Mannschaftskollegen Sascha Dum für die verbleibenden drei Bundesligapartien der Aachener mangels sportlicher Einstellung suspendiert wurde. Ein unrühmlicher Abgang für das aufstrebende Fußballtalent, welches zeitgleich im Abstieg der Aachener mündete. Dabei machte der gebürtige Jungprofi aus Waldbröl ganz besonders in Aachen auf sich aufmerksam. Hier gelang ihm der sportliche Durchbruch und führte erst zum Interesse der Bayern, welche er am 20.12.2006 kurz vor Weihnachten höchst persönlich aus dem DFB-Pokal beförderte. Neben einer grandiosen Leistung im Match gegen die Bayern, setzte er in der 90. Minute den Schlussakkord der Pokalsensation auf dem Tivoli und markierte nach einem Traumsolo das 4:2 Endergebnis.


Schon bereits in ähnlicher Manier ärgerte er am 18.11.2006 die Hintermannschaft des SV Werder Bremen. Mit einem schnellen und entschlossenen Dribbling tanzte er die Defensivreihen der Bremer wie Slalomstangen aus, um dann Keeper Tim Wiese mit einem gefühlvollen Lupfer zu überwinden! Ein Tor so schön, dass es selbst den spanischen TV-Kommentator von GolTV aus den sitzen reißt und der ARD Sportschau eine Auszeichnung zum Tor des Monats November 2006 Wert war.

Sein allererstes Bundesligator erzielte Schlaudraff aber ausgerechnet gegen seinen späteren langjährigen Arbeitgeber Hannover 96. Beim schmerzhaften 0:3 der Roten am 3. Spieltag gegen Alemania Aachen markierte „Schlauffi“ das 0:1 Führungstor in der 15. Minute. Die dritte Niederlage der 96iger in Folge bedeutete zeitgleich das Aus für Trainer Peter Neururer, welcher paradoxerweise nur wenige Tage später durch den Aachener Coach Dieter Hecking ersetzt wurde.

Wo Schlaudraff in Aachen in der Saison 2006/2007 noch auf eine gute Bilanz von 28 Spielen und acht Toren sowie drei A-Länderspielen zurückblicken kann, reichte es bei den Münchern lediglich zu acht Ligaeinsätzen und keinem Treffer. Doch auch wenn ihm im Rückblick sein kurzzeitiger, sportlicher Aufenthalt in München nicht so gut Erinnerung bleiben dürfte, so kann Schlaudraff dennoch sehr stolz darauf zurückblicken es überhaupt zum Rekordmeister geschafft zu haben. Eine Ehre, welche ja nicht jedem Fußballprofi zu Teil wird und darüber hinaus auch zu nachweisbaren sportlichen Erfolgen führte. So kann sich Jan immerhin Deutscher Meister und Ligapokalsieger nennen.


2008 – 2010 – Antritt bei 96 und das schier unüberwindbare Verletzungspech

Am 30.06.2008 bat Hannover 96 zum Trainingsbeginn für die anstehende Spielzeit 2008/2009. Dies war zugleich auch der erste Arbeitstag für Jan Schlaudraff bei den Roten. Mit weiteren Verpflichtungen von Mario Eggimann, Mikael Forssell, Florian Fromlowitz und dem bereits im Winter eingekauften Leon Andreasen wurden zusammen mit Schlaudraff hohe Erwartungen an die neu zusammengestellte Mannschaft gestellt. Ziel sollten die oberen Tabellenplätze der Bundesliga und möglichst eine Platzierung für einen internationalen Wettbewerb sein. Die neu entfachte Euphorie bei den 96-Fans äußerte sich gleich beim Trainingsstart, welcher von 400 Zuschauern besucht wurde. Star des Tages und von allen Fans umrankt war natürlich der spektakuläre Neuzugang vom FC Bayern.

Dieser sah seinen Wechsel von der Isar an die Leine übrigens nicht als sportlichen Rückschritt oder Karriere-Knick:

„Für mich ist es sportlich ein Schritt nach vorne!“ „Hier kann ich viel spielen. Ich hoffe, dass ich gesund bleibe. Logisch hat Hannover nicht den Stellenwert wie Bayern. Aber Bayern ist vorbei, jetzt beginnt eine neue Zeit. Ich will die bestmögliche Leistung zeigen, dann werden wir sehen, was am Ende dabei rauskommt.“

Auch meine Person äußerte sich gegenüber Heiko Niederer und der Bildzeitung sehr euphorisch über die Verpflichtung von Schlaudraff: „Ich freue mich am meisten auf Jan Schlaudraff. Er ist technisch sehr versiert, hat gute Chancen, mehr als 10 Tore zu schießen.“ Naja ok, diese Einschätzung war letztlich dann doch etwas arg übertrieben.

Auf seinen ersten Geniestreich im Dress der Roten mussten wir dann aber doch bis zum 5. Spieltag warten. Zuerst markierte Schlaudraff das 2.0 gegen die Gladbacher Borussia, bevor dann seine einzigartige Klasse in der 67. Minute aufblitzen ließ. Mit einem phänomenalen Sololauf erzielte er denn sehenswerten 4:1 Treffer beim 5:1 Heimsieg von Hannover 96.

Das technisch einmalig umgesetzte Tor und die starke Leistung von Schlaudraff an diesem Sonntagnachmittag machte Appetit auf mehr. In den darauffolgenden neun Partien erzielte er drei weitere Tore und legte eines vor, bevor ihn Ende November 2008 Probleme an der Leiste vor weiteren Einsätzen im 96-Dress stoppten. Diese begleiteten ihn fortan die gesamte erste Saison bei Hannover 96, wodurch er nur noch zu sieben Kurzeinsätzen und zwei mal vollen 90. Minuten auflaufen konnte.

Unglücklicherweise setzte sich das Verletzungspech in der zweiten Saison bei 96 nahtlos fort. Erst am 05.12.2009 konnte er in der 77. Minute nach Einwechslung für Jiri Stajner sein Saisondebüt in der Partie gegen Bayer 04 Leverkusen geben.

Beim spiel- und temperaturtechnischen Horrorkick gegen den VFL Bochum am 17. Spieltag erzielte er im Doppelpack seine einzigen zwei Saisontreffer. Dennoch reichte die durch Schlaudraff hergestellte 2:0 Führung nach 34. Minuten nicht aus, um das Spiel für sich zu entscheiden. Mit 2:3 drehten die Bochumer das Match in der zweiten Halbzeit.

Die von Andreas Bergmann trainierte und durch den Freitod von Robert Enke gezeichnete Mannschaft geriet tief in den Abstiegskampf hinein. Letztlich gelang ihr bekannterweise unter Mirko Slomka den Abstieg am 34. Spieltag zu verhindern. Mit einem euphorischen 3:0 in Bochum, begleitet von 11.000 Fans, schaffte die Mannschaft im letzten Moment noch die sportliche Wende, nach einer in jeder Beziehung ganz schlimmen Spielzeit. Schlaudraff wirkte bei diesen entscheidenden Partien am Schluss der Saison nicht mit.


2010/2011 – Ausmusterung durch Martin Kind und die sportliche Wiederauferstehung gegen den SC Freiburg 

„Die Entscheidung steht, Schlaudraff spielt nie mehr für uns. Er hatte seine Chance, es hat keinen Sinn“, sagte Hannovers Boss Martin Kind gegenüber der Bild-Zeitung.

Jan Schlaudraff sollte sich einen neuen Verein suchen oder notfalls seinen Vertrag in Hannover aussitzen. Er wurde zum Sündenbock für seine zuletzt schlechten Leistungen und vor allem dem desaströsen Auftreten der gesamten Mannschaft beim peinlichen Pokalaus in Elversberg degradiert.

http://video.sport1.de/video/schlaudraff-auf-abstellgleis__0_4mcjyain

Trotz öffentlicher Ausmusterung durch den Präsidenten berücksichtigte Trainer Mirko Slomka ihn dennoch, so kam die Nummer 13 immerhin per Einwechslung gegen die Bayern am achten Spieltag zu seinem ersten Einsatz in der Saison 2010/11. Ändern sollte dieser kleine Hoffnungsschimmer allerdings zunächst wenig. Gegen Hoffenheim, Köln und Dortmund folgten keine weiteren Einsätze. Gegen den BVB war Jan nicht mal mehr im Kader. Umso erstaunter blickten viele drein, als Schlaudraff überaschenderweise am zwölfen Spieltag beim Topspiel gegen den FSV Mainz 05 in der Startelf steht. Fortan war Schlaudraff wieder ein festes Mitglied der ersten Elf und sollte alsbald aus dieser nicht mehr weg zu denken sein.

Wie Phoenix aus der Asche – Die sportliche Wiedergeburt gegen den SC Freiburg

Nachdem er in Mainz und beim Heimspiel gegen den Hamburger SV wieder in der ersten Elf stand und beide Male eine durchaus ordentliche Partie lieferte, gelang ihm aber die sprichwörtlich sportliche Wiedergeburt bei Hannover 96 am 14. Spieltag beim Heimspiel gegen den SC Freiburg. Hier erzielte er nicht nur den wichtigen Führungstreffer und sein erster Tor nach fast einem Jahr, sondern leitete auch geschickt und in technisch hochwertiger Manier das 2:0 durch Didier Ya Konan ein.

Eine Eins mit Sternchen verdiente sich Jan beim Heimspiel gegen den 1.FC Kaiserslautern am 23. Spieltag. Bei dieser Partie steuerte er selbst zwei Treffer beim souveränen 3:0 Erfolg gegen die Roten Teufel bei. Vor allem sein Schlenzer zum 3:0 Endstand war wieder mal ein äußerst sehenswerter Treffer Marke Schlaudraff.


Das Tor nach Europa! – Jan Schlaudraff und Hannover 96 machen die Qualifikation zur Euro League perfekt!

Der Name Jan Schlaudraff wird im Zusammenhang mit Hannover 96 natürlich immer mit der sensationellen Europapokalnacht gegen den FC Sevilla in Erinnerung bleiben. Doch das es überhaupt hierzu kommen konnte und Schlaudraff sich in dieser Partie nahezu unvergesslich machen konnte, liegt ebenfalls an seiner und der mannschaftlichen Glanzleistung bei der Auswärtspartie am 31. Spieltag in Freiburg.

Am Gründonnerstag machte Hannover 96 sich selbst ein vorzeitiges Ostergescheck und qualifizierte sich mit dem 3:1 Sieg für die Uefa Europa League. Dabei war erneut Schlaudraff der Mann für die entscheidenden Aktionen auf dem Platz. Zuerst schickte er in der 24. Minute Mohammed Abdellaoue mit einem starken Pass in den Lauf zur 0:1 Führung bei den Breisgauern, bevor er selbst in der 31. Minute durch ausgerechnet Altin Lala erfolgreich in Szene gesetzt wurde. Schlaufi umkurvte Torhüter Oliver Baumann und erzielte das vorentscheidende 0:2. Europa wir kommen! Und wie!


2011/2012 – Die Saison seines Lebens und Niedersachsens Fußballer des Jahres 2012!

Das Jahr 2011 geht angesichts der sportlichen Erfolge mit Sicherheit in die Historie von Hannover 96 ein. Aber nicht nur die Alte Liebe erlebte eine einzigartige und unvergessliche Spielzeit, sondern auch die Nummer 13 spielte in dieser Runde eine überragende, wenn nicht seine beste Saison überhaupt. Bereits zehn Tage vor seinem großen Abend gegen den FC Sevilla, erwies sich Schlaudraff als Schlaufuchs und vollendete erneut genial zum Verdutzen aller Hoffenheimer einen direkten Freistoß beim 2:1 Sieg der Roten gegen die TSG Hoffenheim am ersten Spieltag.


Von wegen Auswärts in Kopenhagen! – Heimspiel im Telia Parken!

Mit 12.000 Zuschauern in Kopenhagen im Nacken glich die Partie gegen den dänischen Meister in der Europa League eher einem Heim- als einem Auswärtsspiel. Unter dieser phänomenalen Kulisse im Telia Parken wurden die Roten trotz souveräner Spielweise in der 67. Minute kalt erwischt. Dame N’Doye verwertete eine zu kurz abgewehrte Ecke von links und sorgte damit für die Führung der Gastgeber. Doch exakt in dieser Situation wurde einmal mehr der hohe Stellenwert und die Genialität eines Jan Schlaudraff bewusst. Nur vier Minuten später erzielte Schlauffi per Linksschuss den ganz wichtigen Ausgleich und legte damit den ersten Schritt für die unvergessliche Europapokalnacht in der dänischen Hauptstadt. Allseits bekannt und der Vollständigkeit halber, brachte Lars Stindl mit einem absoluten Traumtor per Weitschuss in der 74. Minute das Telefon in Europa zum schellen.

http://www.myvideo.de/watch/8329297/Kopenhagen_Hannover_1_1_Schlaudraff


Mit der Auszeichnung zum Tor des Monats durfte sich Jan Schlaudraff nach seinem traumhaften Solo gegen Werder Bremen im November 2006 bereits einmal schmücken. Doch scheinbar hat es ihm der November als Monat zu erzielen von traumhaften Toren irgendwie angetan. Am 14. Spieltag beim Sky-Topspiel des Tages gegen den Hamburger SV erzielte er den 1:1 Ausgleich in der 79. Minute. Sergio Pinto flankte die herausgespielte Ecke direkt auf den knapp vor dem Sechszehnmeterraum frei stehenden Schlaudraff, welcher den Ball direkt Volley verwertete! Ein absolutes Traumtor! Hier passte alles! Optimales Timing bei der Verwertung des Balles, passende Schussstärke und technisch absolut sauber ausgeführt! Keine Chance für Jaroslav Drobny diesen Ball zu entschärfen. Zurecht das Tor des Monats im November 2011. Unbedingt anschauen! Wieder und immer wieder!


Legendär und unvergessen – wie nahezu alle Europapokalnächte – ist natürlich auch der rotzfreche Schipelfmeter zum 2:1 gegen den FC Brügge. Frei nach dem Namensgeber Panenka setzte Schlaudraff mit viel Risiko, aber auch der nötigen Übersicht den Ball per Lupfer in die Mitte des Tores. Absolut cool vollendet vom Kapitän, welcher an diesem Tag übrigens sein erstes Spiel als Mannschaftskapitän von Hannover 96 bestritt.


Kurz vor der Sommerpause und dem Abschluss einer phänomenalen Saison wurde Jan verdienterweise zu Niedersachsens Fußballer des Jahres 2012 gekürt. Ein Preis, welcher die einmalige Saison von Schlaudraff würdigt und seinen hohen Stellenwert bei Hannover 96 in der Saison 2011/2012 unterstreicht.


2012/13 – Schlaudraff stürmt zum zweiten Mal in Folge mit 96 Richtung Europa League

Als Stammspieler absolviert Jan Schlaudraff in der Saison 2012/13 30 von 34 möglichen Partien in der Bundesliga und hilft dabei den Erfolg der Roten mit dem erneuten Einzug in die Europa League zu bestätigen. Platz sieben in der Bundesliga reicht am Ende aus, um sich für die Qualifikationsrunde der Europa League zu qualifizieren.

Die herausragende Partie von Schlauffi war dabei der 2:4 Auswärtssieg am 11. Spieltag in Stuttgart, wo der nach der Pause eingewechselte Schlaudraff die Wende im Spiel der 96iger einbrachte. Mit neuem Schwung dank der Nummer 13 erzielten die Roten vier Treffer im zweiten Durchgang und drehten somit ein 0:2 zur Pause in einen Auswärtserfolg um. Schlaudraff selbst erzielte den Ausgleichstreffer per Handelfmeter in der 65. Minute.


2013/2014 – Vermehrte Kurzeinsätze und sein letztes Pflichspieltor für Hannover 96

Durch die Verpflichtungen von Edgar Prib und Leonardo Bittencourt zur Saison 2013/2014 wurde die Konkurrenz auf den Außenbahnpositionen und in der Offensive mit neueren und jüngeren Akteuren erhöht. Dementsprechend wurde es auch für Jan Schlaudraff schwieriger seinen Stammplatz in der ersten Elf zu verteidigen. Folglich musste Jan zunehmend einen Platz auf der Reservebank einnehmen und wurde größtenteils nur noch in den Schlussminuten der Bundesligapartien eingesetzt.

Dadurch gelang ihm in seinen 21 Partien nur noch ein Treffer, welcher auch der letzte für Hannover 96 sein sollte. Beim 0:3 Auswärtssieg bei der Hertha aus Berlin markierte Schlauffi das 0:2 in der 57. Minute. Wieder einmal ein typisches Schlaudraff-Tor, da er hier seine ganze Abgezocktheit vor der Kiste demonstrierte und nach einem eingeleiteten Konter und gut getimeten Anspiel von Leonardo Bittencourt die Ruhe bewahrte, Thomas Kraft vor dem Tor umkurvte und locker per linksschuß zum vorentscheidenden Treffer einnetzte.


2014/15 – Schlaudraff spielt keine Rolle mehr in der Planung von Trainer Tayfun Korkut und Sportdirektor Dirk Dufner

In seiner letzten Saison für die Roten hat die Nummer 13 leider keine große Rolle mehr unter Trainer Tayfun Korkut gespielt. Schlaudraff kam nur noch zu 62 Spielminuten innerhalb von fünf Kurzeinsätzen in der Bundesliga und zwei weiteren Auftritten im DFB-Pokal.

Trotz dieser eher unbefriedigenden Bilanz im letzten Jahr bei 96 war Jan dennoch nicht verbittert oder frustiert über seine Situation bei den Roten. So erzählte er im Sport Bild Interview, dass ihm Tayfun Korkut und Sportdirektor Dirk Dufner bereits vor Beginn der Saison in einem Gespräch signalisiert haben, dass er unter den aktuellen Voraussetzungen des Kaders nicht mehr viele Partien für 96 spielen wird. Schlaudraff entschied sich dennoch bei 96 zu bleiben und sich so oft wie möglich dem Trainer für weitere Einsätze zu empfehlen. Ein Vereinswechsel stand eher nicht zur Debate, da sich Jan bereits mit dem Bau eines Hauses ein Standbein in der schönsten Stadt der Welt geschaffen hat.

In der Winterpause tauchten dennoch Gerüchte in der Presselanschaft auf, dass ein Vereinswechsel aufgrund der zuletzt nicht vorhandenen sportlichen Perspektive erfolgen könnte. Immer wieder wurde dabei auch der 1.FC Köln als potentieller neuer Arbeitgeber genannt, bei dem Ex-96 Sportdirektor Jörg Schmadtke die sportlichen Fäden zieht und dem eine gute Beziehung zu Jan nachgesagt wird. Doch diese und andere Vermutungen in den Medien erwiesen sich als klassische Enten, sodass Jan auch in der Rückrunde die Schuhe für Hannover 96 schnürte. Allerdings signalisierte die Vereinsführung der Nummer 13 früh, dass sein zum 30.06.2015 auslaufender Kontrakt nicht verlängert wird. Schlaudraff müsse sich somit spätestens zum 01.07.2015 um einen neuen Arbeitgeber kümmern.

Mögliche Optionen für seine Zeit nach dem Engagement bei Hannover 96 nannte Jan häufig in Interviews mit verschiedenen Presseerzeugnissen. So könne er sich eine Zukunft bei einem Verein in der zweiten Liga, im Ausland oder aber als Trainer oder Manager vorstellen. Insbesondere die Türkei schien als Auslandsoption durchaus interessant für den 31-jährigen zu sein, sodass er seinen Berater dazu veranlasste mögliche Perspektiven in der Super Lig auszuloten. Doch mit der Schwangerschaft seiner Freundin Ricarda hat sich ein Abenteuer im Fußballausland wohl zunächst einmal erledigt. Sowieso plante Schlaudraff nur eine Station ein, wo er sich der englischen Sprache bedienen könnte. Nach China würde er wie seinerseits Szabolcs Huszti aufgrund der Sprachbarriere eher nicht wechseln wollen.

Verbleibt die Zweite Liga als denkbar interessante Alternative. Etwa einen Monat vor Ablauf des Vertrags bei den Roten wurde beim VFL Bochum gemunkelt, dass Schlaudraff eine gute Alternative zum Ex-96er Mikael Forrsell wäre, welcher bis heute trotz Wunsch des VFL seinen Vertrag noch nicht verlängert hat. Hierbei wurde auch Ex-96 Sportdirektor Christian Hochstätter als mögliche Verknüpfung für einen Transfer genannt. Bis heute ist es allerdings beim bloßen Namedropping von Schlaudraff in Bochum geblieben. Auch Sensationsaufsteiger SV Darmstadt wurde über die Bildzeitung in Verbindung mit ihm gebracht. Darmstadts Trainer Dirk Schuster dementierte das angebliche Interesse aber nur einen Tag später: „Den haben wir nicht auf unserem Zettel.“ 

Dabei setzt sich Jan auch nicht besonders unter Druck und erklärt, dass es eben doch unbedingt passen müsse und nicht jeder Verein in Frage kommt. Somit ist auch ein Karriereende mit erst 31 Jahren durchaus möglich. Er möchte allerdings dem Fußball verbunden bleiben in Position als zukünftiger Trainer oder Manager. Entsprechenden Rat für diese Karrierepfade holt er sich von Ex-96 Manager Jörg Schmadtke und Ex-96 Trainer Dieter Hecking ein. Auch eine Zukunft bei Hannover 96 im Management oder Trainerbereich ist somit durchaus denkbar. Und Martin Kind betonte auch stets in Interviews, dass eine solche Einbindung von Jan in den Verein überlegt werde.


Auf und neben dem Platz ein absolutes Vorbild! – Jan Schlaudraff engagiert sich für die MHH – Kids Arena

Doch nicht nur auf dem Platz war Jan Schlaudraff ein absolutes Vorbild und ein herausragender Sportsmann, sondern auch neben dem grünen Geläuf engagiert sich der Fußballprofi für diverse soziale Projekte. Zuletzt besuchte Schlaudraff die MHH-Kids Arena in Hannover-Bucholz und schrieb dort fleissig Autogramme, beantwortete in aller Ausführlichkeit die Fragen der Kids und lieferte sich zudem auch spannende Kickerpartien mit den Kleinen.

Bereits im Septmeber 2012 engagierte sich auch Schlaudraff mit Lars Stindl bei der Aktion „Vereint für Hannover“ für die Bothfelder Schule, indem beide Spieler den neu errichteten Bolzplatz der Schule einweihten. Natürlich ließen sich beide Profis diese Gelegenheit nicht nehmen, um ein Match mit den Schülern auf dem neuen Court durchzuführen.


Danke Jan Schlaudraff und weiterhin alles Gute auf deinem weiteren Lebensweg!

Seit 01.07.2015 ist unsere ehemalige Nummer 13 jetzt Vereinslos und auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Zum Abschied dankte er in einem selbst verfassten Brief den Fans von Hannover 96 für die sieben aufregenden und niemals langweiligen Jahre.

Und auch wir möchten uns abschließend bei Jan Schlaudraff recht herzlich bedanken für sein Engagement bei Hannover 96, sowohl auf und neben dem Platz:

  • Danke, Jan Schlaudraff für die tolle Europapokalnacht gegen den FC Sevilla und alle weiteren Europokalabenteuer mit dir und der Mannschaft!
  • Danke, Jan Schlaudraff für die vielen sehenswerten und größtenteils sehr wichtigen Treffer gegen Gladbach, Freiburg, Hoffenheim und den Hamburger SV.
  • Danke, Jan Schlaudraff für dein soziales Engagement bei der MHH Kids Arena an der Medizinischen Hochschule Hannover und bei der gemeinsamen Einweihung des wieder hergerichteten Bolzplatzes der Bothfelder Schule mit Lars Stindl.
  • Und danke Jan Schlaudraff, dass du ein Teil unserer Mannschaft warst und deine Zeit mit uns in Hannover verbracht  hast.

Hierfür möchten wir dir danken und wünschen dir weiterhin alles Gute für deinen weiteren sportlichen und privaten Lebensweg, egal ob als Profifußballer oder Offizieller außerhalb des Platzes.

Und wer weiss, vielleicht kreuzen sich die Wege von dir und 96 erneut, wenn du in einer Trainer- oder Managementposition bei den Roten landen solltest. Wir würden uns definitiv jederzeit über ein weiteres Engagement von dir bei Hannover 96 freuen.

Raus aus der Abstiegskrise! – 96 braucht einen schnellen Dreier!

Nichts war es am Freitag mit dem ersten Sieg im Jahr 2015 und dem langersehnten und wichtigen Dreier im Abstiegskampf. Dabei waren die Roten trotz sehr schwacher Leistung durch das Stochertor von Christian Schulz in der 75. Minute doch auf einem guten Weg, die Zeit von elf sieglosen Spielen endlich zu durchbrechen. Doch die eigene Passivität nach der Führung und ein schöner Treffer von Valentin Stocker in der 83. Minute verhinderten den Befreiungsschlag aus dem Tabellenkeller.

Wieder nur ein Unentschieden und das in einem Heimspiel gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf. Das ist deutlich zu wenig im Hinblick auf die verbleibenden Spiele der kommenden Wochen. Nächste Woche tritt die Elf von Trainer Tayfun Korkut in Leverkusen an, danach folgt die Heimpartie gegen Hoffenheim und am 31. Spieltag wartet eine schwere Auswärtsaufgabe beim Tabellenzweiten aus Wolfsburg. Gegen diese drei Mannschaften wird es bei den aktuell gezeigten Leistungen wohl nur wenig bis gar keine Punkte geben, sodass sich im absolut negativen Verlauf Hannover 96 nach diesen Partien auf einem Abstiegsplatz wiederfinden könnte. Danach in den verbleibenden zwei bis drei Spieltagen noch die Rettung zu schaffen, ist zwar dann wohl immer noch möglich, jedoch bleibt fraglich ob dies dann auch immer noch aus eigener Kraft oder nur mit Hilfe der anderen Teams erreicht werden kann. Somit ist jeder erzielte Sieg in den nächsten Begegnungen sprichwörtlich Gold wert, um sich frühzeitig aus der Abstiegszone zurück zu ziehen.

Natürlich ist positiv zu vermerken, dass dieser Punktgewinn am Freitag gegen die Hertha aus Berlin noch sehr wichtig werden kann in der Endabrechnung der Tabelle. Dieser eine Zähler kann im extremsten Fall zwischen Abstieg oder Klassenerhalt entscheiden, sodass man vielleicht in der Rückschau noch einmal sehr glücklich sein wird, diesen Punkt geholt zu haben. Doch die Mannen im 96-Dress verpassten die große Chance frühzeitig einen ersten großen Schritt zum Klassenerhalt zu machen bzw. diesen vielleicht schon perfekt zu machen.

Um also aus der Abstiegskrise endlich zu entrinnen braucht 96 einen schnellen Dreier!

Und dieser hat gleich mehrere positive Wirkungen auf das Team und die aktuelle sportliche Gesamtkonstellation:

Den Kopf frei bekommen

Ein Sieg nach nun mehr 12 sieglosen Spielen ist unglaublich wichtig für die Roten, um das eigene Selbstvertrauen wieder zu finden und den Kopf vom aktuellen Negativtrend zu befreien. Fußball ist Psychologie, da kann ein Sieg neue Kräfte entfalten und das Team befreiter aufspielen lassen. Um einen solchen Effekt in dieser Saison wahrnehmen zu können, muss man nur nach Bremen schauen. Ein bis zwei Siege in Serie und schon hat man einen kleinen positiven Lauf. Tore lassen sich dann leichter erzielen und man hat in solchen Situationen oftmals auch das Glück in den entscheidenden Situationen auf seiner Seite. Der Frust kann und soll sich sprichwörtlich von der Seele „geballert“ werden.

Ein Sieg könnte schon für den Klassenerhalt reichen

Auch wenn man es nicht glauben mag, aber ein einziger Dreier könnte bereits zum Klassenerhalt reichen. Vorausgesetzt die Konkurrenten in der Abstiegszone helfen mit und punkten auch so gut wie gar nicht mehr. Und das ist bei Betrachtung der letzten Jahre übrigens auch gar nicht so unrealistisch. Der HSV ging im letzten Jahr mit nur 27 Punkten in die Relegation. Die Hamburger holten in der letzten Saison unter Ex-96-Coach Mirko Slomka nur einen Sieg in den letzten sechs Spielen. Vor zwei und drei Jahren reichte der TSG Hoffenheim und Hertha BSC 31 Punkte für die Relegation. Die Sinsheimer holten aber auch im Schlussspurt kräftig auf und machten acht Punkte in den letzten sechs Spielen gut. Die Berliner schafften unter dem damaligen Trainer Otto Rehagel noch am letzten Spieltag den Sprung auf Platz 16. Dabei gab es eine Punkteausbeute von fünf Zählern in den letzten sechs Partien. 32 Punkte können also schon problemlos zum Klassenerhalt reichen, auch ohne den Umweg über die Relegation zu gehen. Ein Sieg von 96 ist dafür aber möglichst schnell nötig, um sich mit 32 Punkten vielleicht schon frühzeitig zu retten.

Druck auf die Mitkonkurrenten setzen

Ein schneller Dreier hilft, um die Mitkonkurrenten im Tabellenkeller unter Druck zu setzen. Wenn man selbst gewinnt kann man nicht nur einmal kurz durchatmen, sondern setzt auch die anderen Mitstreiter unter psychologischen Druck. Diese müssen ja möglichst fix nachziehen und viele Mannschaften können mit diesen teils ungewöhnlichen Drucksituationen nicht umgehen. Sie zerbrechen daran oder scheitern trotz großer Mühe an eben doch starken Gegnern im Schlussspurt der Liga. Mit einem flotten Dreier reicht man bildlich gesprochen den „Schwarzen Peter“ Abstieg in die zweite Liga an ein anderes Team weiter. Entweder reicht die betroffene Elf diesen ebenfalls noch mit sportlichen Erfolgen an eine andere Mannschaft weiter oder behält diesen bis zum Schluss und muss konsequenterweise den bitteren Gang in das Unterhaus des deutschen Fußballs antreten.

Also her mit dem schnellen Dreier liebe Roten, um der Abstiegskrise fix von der Schippe zu springen.

Tayfun wirbelt weiter – Warum auf der Bank von Hannover 96 kein neuer Wind wehen sollte

Zehn Spiele ohne Sieg und nur drei Punkte in der Rückrunde durch drei magere Unentschieden erreicht. Eine negative Tordifferenz von -8 (8:16) und damit zugleich auch der letzte Platz in der Rückrundentabelle. Schwache Auftritte Auswärts in Köln und Gladbach und noch viel schlimmer die Heimpartien gegen Stuttgart und insbesondere Paderborn, also den direkten Konkurrenten im Tabellenkeller. Ja, alle statistischen und auch subjektiven Eindrücke sprechen sich wohl mittlerweile deutlich für eine Entlassung von Trainer Tayfun Korkut aus. Doch 96-Präsident Martin Kind und Sportdirektor Dirk Dufner sprechen dem jungen Trainerneuling trotz dieser Negativserie weiterhin das Vertrauen aus und glauben daran, dass der 41-jährige Coach mit dem Team die sportliche Wende schafft. Und hierfür gibt es trotz vieler Zweifler auch durchaus einige Argumente, warum eine Entlassung des Trainers aktuell kein Thema sein sollte.

1. Der Trainereffekt, mehr Mythos als Realität

Die Hoffnung mit einem neuen Übungsleiter den sportlichen Erfolg sofort wieder herzustellen ist statistisch gesehen nicht nachweisbar. Wissenschaftliche Studien von Beck und Meyer, sowie Juan de Dios Tena und David Forrest haben den Trainereffekt vor Jahren schon genauer untersucht. Beck (Uni Erfurt) und Meyer (Uni Gießen) konnten keine nachhaltige sportliche Verbesserung von Teams beobachten, welche ihren Coach innerhalb der Saison austauschten. Erhebungszeitraum waren dabei die Jahre von 1992 bis 2004. Auf ein ähnliches Ergebnis kamen auch Juan de Dios Tena und Davis Forrest bei ihrer Untersuchung in der spanischen Primera Division. Sie entdeckten lediglich, dass die Stimmung bei den Fans durch einen Austausch des Trainers verbessert werden kann. Dadurch seien prinzipiell bessere Ergebnisse in Heimspielen zu beobachten, auf Auswärtsspiele und die langfristige sportliche Entwicklung der Mannschaft habe dies jedoch keinen langfristigen Einfluss.

Psychologisch kann sich ein Trainerwechsel positiv auf einzelne Spieler auswirken. Unzufriedene oder vom vorherigen Coach ausgemusterte Profis bekommen dank des neuen sportlichen Chefs eine zweite Chance. Dies wirkt sich auf den Konkurrenzkampf in der Mannschaft aus. Die Leistung steigert sich, da jeder sich dem neuen Übungsleiter empfehlen möchte. Doch im Gesamtbild hat dieser Effekt wohl nur Einfluss auf einzelne Profis und nicht der Mannschaft im kollektiven Verbund. Denn denkbar ist durchaus auch das blanke Gegenteil dieser Intention. Der neu entfachte Konkurrenzkampf sorgt für schlechte Stimmung und zusätzlichen Leistungsdruck im Team. Es kommt hier also tatsächlich auf den Trainer und seine Führungs- und Menschenkompetenz an, denn die falschen Ansätze zum falschen Zeitpunkt können die sportliche Misere nachhaltig sogar noch verschlimmern.

Der Austausch des Fußballlehrers wird subjektiv von Fans immer als Handlung in eine positive Richtung gedeutet, da die erfolgreichen Trainerwechsel hier immer als Beispiel angeführt werden. Klar, erfolgreiche „Feuerwehrmänner“ wie Hans Meyer, Huub Stevens oder ja auch Mirko Slomka sind einem aufgrund ihrer erfolgreichen „Rettungstaten“ immer im Gedächtnis. Aber es gibt auch viele Gegenbeispiele wie zuletzt Christoph Daum bei der Eintracht aus Frankfurt, Otto Rehagel in Berlin oder Jörg Berger einst am letzten Spieltag in Bielefeld geholt, welche den sportlichen Absturz in die Zweitklassigkeit nicht mehr verhindern konnten. Dank der Medien und ihrer Glorifizierung von „Rettern“ sind uns aber nur diese ständig im Gedächtnis verblieben.

2. Ist der Trainer wirklich Schuld an der sportlichen Misere oder wird er nur als öffentlicher Sündenbock benutzt?

Verknüpft mit dem Trainereffekt ist immer die Ansicht von Fans, dass der entlassene Trainer wirklich Schuld an der sportlichen Talfahrt hat. Aber ist dies wirklich so? Kann man in diesem Fall Tayfun Korkut  die Schuld am aktuellen Misserfolg geben oder wird er hier lediglich als öffentlicher Sündenbock für die negative sportliche Entwicklung von Hannover 96 benutzt? Dieser Frage wäre interessanter Weise einmal nachzugehen. Ob man hier jedoch zu einer subjektiven und fundierten Analyse kommen könnte, ist mehr als fraglich, da man die vielen Gründe für oder gegen einen sportlichen Übungsleiter nur schwer aufwiegen kann. Vor allem uns Fans und Beobachtern fehlt hier der Einblick in die internen Abläufe des Vereins, wodurch sicherlich eine bessere Bewertung des Trainers und seines gemachten Jobs geäußert werden kann.

Pro Argumente für das Bild des Coaches als Sündenbock wird seitens vieler Fans immer genannt, dass der Trainer ja schließlich für die sportliche Entwicklung seiner Mannschaft verantwortlich ist. Er stellt die Elf jede Woche auf und trainiert sie ja täglich. Wer, wenn nicht er hat Schuld daran, dass die balltretenden Akteure nicht die gewünschten Ergebnisse liefern? In gewisser Weise kann man sich die Welt des runden Leders so ganz einfach erklären, doch wie wäre es einmal die Rolle des Managers bzw. Sportdirektors zu hinterfragen. Welche Rolle spielt dieser im Zusammenhang für den drohenden Abstieg? Hat er die richtigen Spieler verpflichtet? Wurden die falschen Kicker verkauft? Welche Entscheidungen trägt er gemeinsam mit dem Trainer und ist somit gewissermassen gleich schuldig für die laufende Misere? Doch nicht nur die Verantwortlichen an der Seitenlinie und Tribüne sind in diesem Zusammenhang kritisch zu betrachten, sondern vor allem auch die Akteure auf dem Rasen.

Der Chefcoach kann einen noch so hervorragenden Job machen und alle ihm dargebotenen Möglichkeiten voll ausschöpfen, doch wenn seine Spieler dies nicht umsetzen können oder gar wollen, sind ihm sprichwörtlich die Hände gebunden. Er verliert seinen Job und wird zum Sündenbock degradiert, obwohl es sich hier anbieten würde, die Rolle der Spieler und ihrer Handlungen am Misserfolg genauer zu untersuchen. Doch spätestens an diesem Punkt sind wir wieder da angelangt, nur schwer eine fundierte Analyse und Bewertung der Situation durchführen zu können. Wie sich also offensichtlich darstellt ist es äußerst schwer jemanden die Schuld für aufkommenden sportlichen Misserfolg zu geben. Somit kann hier weder der Trainer, der Manager, noch die Spieler als Schuldige für irgendetwas herangeführt werden. Fußball ist ein Mannschaftssport (3€ ins Phrasenschwein) und dementsprechend gibt es keinen einzelnen Sündenbock, sondern wenn überhaupt ist die Verantwortung bei allen beteiligten Personen zu suchen. Das Kollektiv steht und fällt gemeinsam. Trotzdem machen es sich es die Medien und Fans immer einfach einen Schuldigen für den Abwärtstrend zu ersuchen und das ist in den meisten Fällen immer der Trainer. Zu Unrecht, wie die Betrachtung an dieser Stelle hoffentlich verdeutlichen konnte.

3. Neuer Trainer? – Doch wer soll und will es überhaupt machen?

Nun gut, also soll der Trainer trotz aller Unkenrufe dennoch gefeuert werden? Ok, aber wer soll der Nachfolger werden? Bei dieser Frage muss man den Trainermarkt sondieren und fragen, wer ist überhaupt verfügbar und wer möchte die Mission antreten? Bei aller Romantik, aber kein verfügbarer Coach wird die Roten aus Liebe zum Verein und seiner tollen Tradition und Fans übernehmen. Es geht wie immer um Ca$h, vertragliche Privilegien und die Perspektive und Macht im Verein. Die Verpflichtung eines neuen sportlichen Übungsleiters kann sich als äußerst kostspielig erweisen. Vor allem in der jetzigen Drucksituation vor dem Ende der Saison sind die designierten „Feuerwehrmänner“ in einer optimalen Verhandlungsposition. 96 und andere Vereine sind der Situation ausgeliefert, den Forderungen der zukünftigen Trainer nachzukommen. Niemand braucht sich also hinterher wundern, warum dieser oder jener Trainer mit exorbitanten Abfindungszahlungen bei der nächsten Entlassung vergütet wird oder wieso der aktuelle Chef an der Seitenlinie dank einer ausgehandelten Ausstiegsklausel nun sofort den Abgang zu höheren sportlichen Herausforderungen antreten kann.

Aber nun Butter bei die Fische! Wer würde als Nachfolger in Frage kommen? Keine Ahnung, schauen Sie doch mal selbst den Kreis der üblichen Verdächtigen an und fragen sie sich dann, ob einer der gelisteten oder genannten Kandidaten aus welchen Gründen auch immer eine bessere Alternative als Tayfun Korkut darstellen würde. Mir persönlich würde zunächst nicht in den Sinn kommen, den einen oder anderen Namen verpflichten zu wollen. Ich sehe keine potentiellen Kandidaten, welche einen deutlich besseren Job als Korkut machen könnten. Fernab davon, ob der Auserwählte dieses Amt auch übernehmen möchte und natürlich wiederum zu welchen Konditionen…

Die Sport Bild schreibt, dass Jos Luhukay der Favorit auf eine Nachfolge Korkuts sei. Verliert er das Spiel am Samstag in Frankfurt, so sei seine Entlassung obsolet und Luhukay stünde quasi in den Startlöchern zu übernehmen. Ob er eine deutlich bessere Lösung für die Aufgaben an der Seitenlinie wäre? Nun ja, Luhukay ist ein erfahrener Trainer und hat mit Augsburg das Thema Abstiegskampf bereits erfolgreich gemeistert. Zudem kennt er sich mit dem Aufstieg in die Bundesliga bestens aus, da er bereits Gladbach, Augsburg und die Hertha aus Berlin erfolgreich ins Oberhaus gebracht hat. Für Hannover 96 wollen wir aber hoffen, dass diese Kernkompetenz von ihm nicht zum Einsatz kommt. Doch wenn es denn auf den 51-jährigen Niederländer oder einen doch einen anderen Fußballlehrer hinauslaufen sollte, was sollte dieser großartig verändern können. Damit sind wir auch schon bei Argument Nummer vier gegen eine Ablösung Korkuts gelandet…

4. Ein neuer Trainer steht in den Startlöchern – Doch was soll anders werden?

Vorausgesetzt ein neuer Fußballlehrer tritt sein Amt bei den Roten an. Was soll dieser sprungartig verändern können im Vergleich zu Tayfun Korkut? Bei dann noch acht zu absolvierenden Begegnungen kann ein neuer Trainer nicht mehr allzu viel Einfluss auf das bereits eingespielte und taktisch ausgerichtete Team nehmen. Natürlich kann ein Coach jederzeit die Aufstellung und Taktik nach seiner Vorstellung ändern und anpassen. Doch hat er hierfür auch die geeigneten Spieler? Können sich die Profis auf eine andere taktische Ausrichtung auch schnell anpassen? Dies sind die entscheidenden Fragen, an welchen der ein oder andere neue Mann an der Seitenlinie bereits schnell wieder gescheitert ist. Es nützt nichts ein anderes taktisches System einführen zu wollen, wenn die Qualität an Spielern zur Umsetzung fehlt oder die Spieler die taktischen Vorstellungen nicht umsetzen können. Bedenkt man, dass jedes Team bereits eingespielte Systeme beherrscht und die Laufwege auch bereits einstudiert und abgestimmt sind, macht es nur wenig Sinn an diesen Automatismen wenige Wochen vor Saisonschluss herumzudoktern. Mögliche konditionelle Rückstände einiger Spieler können zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr umfassend behoben werden. Im Gegenteil, könnte sich das intensive Erarbeiten von Kondition und Fitness zu Lasten von körperlicher Frische im Saisonentspurt gehen. An was könnte ein neuer Übungsleiter nun also arbeiten, um eine Verbesserung der Elf im Vergleich zu seinem Vorgänger zu kommen?

Nun, er könnte seine Mannschaft eventuell besser motivieren und seine psychologischen und menschlichen Fähigkeiten nutzen, um die letzten mentalen Reserven seiner Mannen zu mobilisieren. Vor allem ältere und erfahrene Trainer sowie ehemalige erfolgreiche Spielerpersönlichkeiten dürften für diese Methodik am besten geeignet sein. Können sie auf die bereits selbst gemachten Erfahrungen in kritischen Phasen als Profisportler zurückgreifen und somit das richtige Rezept zur richtigen Zeit zur Hand haben. Authentizität ist gefragt, da der verkehrte Einsatz von Küchenpsychologie zum falschen Zeitpunkt wohl auch an dieser Stelle eher zu gegenteiligen Ergebnissen führt.

Ansonsten aber existieren keine Patentrezepte für den klassischen Neucoach, wonach dieser seine Handlungen und Ziele mit der Mannschaft anpassen könnte. Möchte er die spielerische und taktische Ausrichtung komplett umwälzen, so muss er das Risiko in Kauf nehmen mit diesem Anspruch zu scheitern oder erst nach längerer Zeit die Früchte seiner Arbeit ernten zu können. Doch diese Zeit gibt es nicht für den neuen Cheftrainer. Dieser muss erstmal kurzfristige Erfolge liefern. Seine langfristigen Investitionen in seine Elf sind zu aktuellen Zeitpunkt komplett irrelevant. Dementsprechend verbleibt einem neuen Fußballlehrer also meistens auch nicht viel mehr als an den bereits vom Vorgänger angesetzten Schwachpunkten der Mannschaft zu arbeiten. Das heißt im Klartext: Standards üben und das Verhalten bei gegnerischen Standards verbessern, Zweikampfverhalten trainieren, Abseitsfalle optimieren, Konter- und schnelles Umschaltspiel intensivieren…und so weiter…und so weiter.

Ist vielleicht der vorherige Trainer schon an diesen eher grundlegendern Ansprüchen gescheitert? Möglicherweise, dies muss im Einzelfall immer genauer betrachtet werden. Bei der von Tayfun Korkut trainierten 96-Elf sind allerdings Schwächen in den aufgezählten Trainingsbereichen im großen Umfang eher nicht zu erkennen. Also was soll ein neuer verantwortlicher Cheftrainer in so kurzer Zeit viel ändern können, als es Korkut wohl schon bereits selbst getan hat?

5. Kontinuität statt Rotation – langfristige Arbeit schafft Erfolg

Jahrelang schwärmte Martin Kind in vielen Interviews vom sogenannten „Bremer Modell“. Die Kontinuität auf dem Manager- und Trainerposten mit damals Klaus Allofs und Thomas Schaaf wurde vom 96-Präsident immer lobend hervorgehoben und als Schlüssel für die erfolgreichen Jahre der Bremer von 1999 – 2008 genannt. Mit Hannover 96 wollte er sich ein Beispiel an Strukturen der Werderaner nehmen und ebenfalls die Posten des Trainers und Sportdirektiors langfristig besetzen. Fast hätte dies mit dem Duo Slomka und Schmadtke ja auch bestens geklappt.

Möchte man Tayfun Korkut die Chance bieten langfristig eine Mannschaft mit Perspektive aufzubauen, so muss man jetzt auch in der kritischen Phase zu ihm stehen und Ruhe bewahren. Korkut besitzt als Cheftrainer noch nicht allzu viel Erfahrung und dies ist erst seine erste Saison in umfassender Verantwortung. Zuvor hatte er ja bereits das Team ein halbes Jahr trainiert, dieses aber von Mirko Slomka übernommen. Möchte man langfristig von der Arbeit Korkuts profitieren, so muss man ihm die Chance einräumen der Mannschaft seine Handschrift verleihen. Dies klappt scheinbar noch nicht, aber Korkut lernt innerhalb dieser kritischen Phase als Trainer ja auch und wird dadurch auch Anpassungen am Team und seinen Zielen mit seiner Mannschaft durchführen. Das er fähig ist mit Druck umzugehen und die sportliche Talfahrt zu stoppen, hat er ja bereits im letzten Jahr beweisen können. Nach der 0:3 Auswärtsklatsche im Derby gegen Braunschweig hat Korkut auch die richtigen Maßnahmen gefunden, um den Klassenerhalt zu sichern. Warum sollte ihm dies nicht noch einmal gelingen? Also Ruhe bewahren und auf Kontinuität auf der Trainerbank setzen. Nur so stellt sich langfristiger Erfolg ein, welcher letztlich nachhaltiger und gewünschter sein sollte.

Fazit:

Tayfun sollte weiter Wirbeln auf dem Posten des Teamcoaches! Ein frischer Wind auf der Trainerbank bringt nachhaltig keinen längerfristigen Erfolg. Der Trainereffekt ist statistisch nicht nachweisbar und kann sich im ungünstigsten Falle sogar als sportlicher Bumerang erweisen. Beispiele von Daum, Rehagel & Co gibt es zur Genüge. Der Trainermarkt gibt aktuell nur wenig interessante Alternativen her und ob diese auch sofort einsteigen wollen und zu welchen Konditionen ist ein unbeschriebenes Blatt. Zudem: Was kann ein neuer Trainer in den verbleibenden acht Wochen noch großartig am Auftreten der Mannschaft ändern?  Liegen in den möglichen Änderungen des neuen Trainers tatsächlich die Fehler und Defizite des alten Coaches? Und ist der aktuelle Fußballlehrer Korkut tatsächlich schuld an der sportlichen Talfahrt Richtung Abstiegsränge oder dient er nur als einfacher Sündenbock für Medien und Fans in der sportlich präkeren Situation? Sicherlich keine leicht zu beantwortenden Fragen. Doch möchte man Kontinuität auf der Trainerposition etablieren und diesem ermöglichen langfristig eine Mannschaft aufzubauen, so muss man dem Trainerneuling Korkut auch in dieser kritischen Phase das Vertrauen aussprechen und ihm ermöglichen seinem Team eine Handschrift zu verpassen. Möge er dabei Erfolg haben, sonst steht der nächste Feuerwehrmann zum Löschzug schon bereit…

Hauptsache weiter, egal wie! – Hannover 96 und die erste Runde im DFB – Pokal, eine Geschichte voller Missverständnisse

Hannover 96 und der DFB – Pokal: eine Erfolgsgeschichte, aber ausschließlich nur im Jahr 1992. Ansonsten gab es seitdem nur bedingt erfreuliches von den Roten im Pokalwettbewerb zu bestaunen. Negative Höhepunkte waren seitdem insbesondere die beiden Erstrunden Niederlagen gegen die Regionalligisten Eintracht Trier (Saison 2009/2010: 1:3) und SV Elversberg (Saison 2010/2011: 4:5 n.E.).

Die peinliche Darbietung beim damals von Mario Basler betreuten Triern war der Beginn des Endes von Dieter Hecking als Coach von Hannover 96. Zwar hatte es bereits schon zum Ende der Saison 2008/2009 Rückenwind für Hecking durch Presse und Fans gegeben, doch Martin Kind hielt seinerseits damals unbeirrt am Trainer fest. Nach dem Super-GAU Trier, der unglücklichen Auswärtsniederlage beim Bundesligastart bei der Hertha aus Berlin (0:1) und dem schwachen Heimauftritt gegen den Aufsteiger aus Mainz (1:1), musste Hecking seinen Hut nehmen. Offiziell wurde sein Abgang als Rücktritt verkündet, ob dieser wirklich so freiwillig war wie damals dargestellt, bleibt wohl bis heute unbeantwortet.

Auch Mirko Slomkas Stuhl geriet nach dem Aus im Elmeterschießen gegen den SV Elversberg stark ins Wanken. Doch nach den 2:1 – Auftaktsiegen gegen Eintracht Frankfurt und Schalke 04 war seine Position als Coach schnellstens wieder gefestigt. Was danach folgte ist jedem Anhänger der Roten unvergesslich in Erinnerung geblieben. Die erfolgreichste Saison aller Zeiten mit Sage und Schreibe 60 Punkten und einem sensationellen vierten Platz. In der Nachbetrachtung konnte man also die Blamage von Elversberg als „turning point“ interpretieren. Slomka und die Mannschaft konnten den Schalter erfolgreich umdrehen und ihre Spielweise des schnellen und direkten Konterspiels überragend und zielorientiert umsetzen.

Seit diesen Blamagen im Doppelpack scheint man zumindest gewarnt und nimmt die Partien der ersten DFB – Pokal Runde äußerst ernst. 2011 und 2012 zog man relativ Souverän ohne große Blöße zu geben in die zweite Runde ein (6:0 – Anker Wismar; 6:1 FC Nöttingen). Im letzten Jahr biss man sich etwas die Zähne an Victoria Hamburg aus. Ohne spielerische Ideen brachte man wenig zustande gegen die defensiv tiefstehenden Hamburger. Erst in der 69 Minute konnte Arthur Sobiech die herbeigesehnte und erlössende Führung erzielen. Ohne großen Glanz zu versprühen gelang Sczabolcs Huszti in der Schlussminute noch das 2:0. Hauptsache weiter – egal wie, war das Motto.

Und auch dieses Credo lässt sich Eins zu Eins auf den gestrigen Nachmittag übertragen. Guten Fußball und eine zufriedenstellende Leistung gab es mitnichten zu sehen. Kein schnelles Zusammenspiel, wenig Ideen und dementsprechend auch kaum herausgespielte Chancen waren gegen den Viertligisten aus dem Schwarzwald zu verbuchen. Diese witterten in der 26. Mnute gar eine Sensation, als Marcel Carl den Ball an den Pfosten schlenzte. Wie davon aufgeweckt erzielte Joselu nur drei Minuten später die erlösende Führung praktisch aus dem Nichts heraus. Spätestens ab diesem Zeitpunkt müsste eigentlich der Knoten geplatzt sein und ein nun ankündigendes Torfestival folgen. Marcelo machte es den Roten mit seiner Roten Karte jedoch nochmals unnötig schwer. Mit einer Führung gegen einen Viertligisten nach der Pause auf Konter zu spielen, ist wohl nicht so clever, vor allem wenn dies dann auch noch schief geht. In der 58. Minute machte die 96-Verteidigung ein Nickerchen und ließ Nico Hillenbrand unbedrängt zum 1:1 ausgleichen. Die Roten wirkten nach dem Ausgleich verunsichert und ließen sich unnötig unter Druck setzen. Doch trotz diesem Rückschlag konnte sich das Team von Trainer Korkut mit Kampf und Moral wieder in die Partie zurückkämpfen. Dies wurde mit einem schönen Treffer von Lars Stindl in der 76. Minute in den Winkel belohnt. Joselu konnte kurz darauf in der 79. Minute mit seinem Treffer zum 3:1 den Sack  zu machen.

Was ziehen wir aus dieser doch schwierigen ersten Runde des DFB-Pokals für ein Fazit? Eigentlich gar keins, da weder der Gegner noch der Umstand der Partie Raum für brauchbare Erkenntnisse zum Bundesligastart schafft. Das es gegen die vermeintlich „kleinen“ schwer werden wird, hat die Vergangenheit ja schon öfters bewiesen. Selten gibt es Hurra-Fußball, noch lassen sich taktische oder spielerische Erkenntnisse aus den Begegnungen von David vs. Goliath gewinnen. Erst Gegner auf Augenhöhe offenbaren klare spielerische und taktische Vor- und Nachteile. Somit wird man erst im Laufe der ersten Spieltage erkennen können, wo die Reise von 96 diese Saison hingeht. Das Marcelo mit groben Fouls und unglücklichen Spielsituationen negativ auf das Spielgeschehen eingehen kann, ist eigentlich auch keine neue Erkenntnis mehr. Ob Neuzugang Marius Stankevicius ihm den Platz in der Innenverteidigung streitbar machen kann, wird sich wohl spannenderweise in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Einzig die gute Moral, der Kampfgeist und die Geduld nach dem Ausgleich der Walldorfer kann als gutes Zeichen für die kommenden Partien gewertet werden. Inwieweit dies jedoch ein Maßstab für die Bundesliga ist, bleibt äußerst fraglich. Immerhin hat der recht teure  und in fankreisen kritisch beäugte Neuzugang Joselu einen Funken Hoffnung versprüht. Mit zwei Treffern hat er seinen Job an diesem Nachmittag hervorragend gemacht. Hoffentlich kann er diese Form und Treffsicherheit in die nächsten Bundesligaspiele mitnehmen und somit seine teure Verpflichtung rechtfertigen.

Letztlich bleibt aus der DFB – Pokal Partie nur eine wichtige und unumstößliche Erkenntnis:

Hauptsache weiter, egal wie!

Und jetzt freuen wir uns auf die Pokalauslosung der zweiten Runde am kommenden Wochenende und einer Auswärtspartie in Gelsenkirchen, Dortmund oder München…